„Chinese Whispers | Neue Kunst aus den Sigg und M+ Sigg Collections“ im Kunst Museum Bern
Unter dem Titel «Chinese Whispers» zeigt die Ausstellung vom 19.02. bis 25.09.2016 rund 150 neuere Werke der Sigg und M+ Sigg Collections und ist damit ein Spiegelbild des modernen Chinas. Hierzu wurde der umfangreicher und aufwändiger Katalog „Chinese Whispers“ mit Abbilidungen und Interviews im Prestel-Verlag erstellt.
„Chen Chieh-Jen wurde 1961 in Taiwan geboren. Von 1983 bis 1986 forderte Chen die Grenzen der freien Meinungsäußerung unter dem Kreigsrecht und das konservative Kunstetablishment mit guerrillaartiger Performancekunst und Ausstellungen im Untergrund heraus. Nachdem das Kriegsrecht 1987 aufgehoben worden war, stellte Chen die Kunstproduktion für etwa acht Jahre ein. In diesem Zeitraum begann er, sich mit der Geschichte seiner Familie auseinanderzusetzen sowie mit dem Umfeld und Verlauf der Geschichte Taiwans in der Moderne, von der Kolonialherrschaft bis zur allmählichen Verwandlung des Landes in eine Konsumgesellschaft. Chen lebt und arbeitet in Taipeh.“ Li Qi
Bedeutende Teile der Sammlung des Schweizers Uli Sigg werden in einer Gemeinschaftsausstellung des Kunstmuseums Bern und des Zentrums Paul Klee in Bern zu sehen sein, bevor sie als Schenkung nach Hong Kong gehen.
Die chinesische Gegenwartskunst ist ein Phänomen ohne Parallele. Anders als die heutige westliche Kunst, die aus einer Abfolge kunstgeschichtlicher Entwicklungen entstanden ist, machte die Kunst in China nach der zaghaften politischen Öffnung in den 1980er Jahren einen Sprung. In kürzester Zeit griffen chinesische Künstlerinnen und Künstler die verschiedenen modernen Kunstrichtungen des Westens auf, die sie bis dahin «verpasst» hatten.
„Der Maler Li Dafang wurde 1971 in Shenyang (Provinz Liaoning) geboren. Dem Aschluss am Shenyang Education Collage im Jahr 1993 folgte bis 2000 eine Ausbildung in Ölmalerei ander Lu Xun Academy of Fine Arts. Li Dafang widmet sich dem Medium der Ölmalerei mit ebenso großer Leidenschaft wie den Landschaften seiner Heimat Nordchina. Viele Arbeiten zeugen von Kindheitserinnerungen und der Umgebung, in der er aufwuchs – sie finden sich unter anderem in den Industriearealen und alten Fabrikgeländen in seinen Bildern wieder. Li Dafangs Werke werden weltweit ausgestellt. Er lebt und arbeitet in Beijing.“ Li Qi
Für diese Gegenwartskunst sind die Schweiz und China ein untrennbares Paar. Mit Uli Sigg hat ein Schweizer als Erster chinesische Kunst ab den 1970er Jahren auf systematische Weise zur weltweit bedeutendsten Sammlung ihrer Gegenwartkunst zusammengetragen, die mit mehr als 2’300 Werken als repräsentativ gelten kann. Uli Sigg selbst bezeichnet die Sammlung zu Recht als «Dokument».
Die Schweiz und Schweizer spielten auch bei der Rezeption der chinesischen Gegenwartskunst eine Hauptrolle. Sigg führte 1995 den Luzerner Galeristen Urs Meile in China ein, sodass dieser als einer der ersten westlichen Galeristen für den Handel mit chinesischer Gegenwartskunst in China eine Pionierrolle einnahm und in Beijing erste Ausstellungen organisierte, bevor er 2005 in Beijing einen eigenen Galeriengebäudekomplex – entworfen von Ai Weiwei – eröffnete. 1996 nahm mit Lorenz Helbling ein weiterer Schweizer seine Galerietätigkeit in Shanghai auf, und 1999 zeigte der legendäre Schweizer Ausstellungsmacher Harald Szeemann an der von ihm kuratierten Biennale Venedig erstmals im Westen eine grössere Werkgruppe chinesischer Gegenwartskunst, welche die internationale Kunstszene verblüffte. Ein Meilenstein folgte dann im Jahre 2005, als unter dem Titel «Mahjong» die Sammlung Sigg im Kunstmuseum Bern in einer sehr grossen Ausstellung präsentiert wurde.
„Der Fotograf Chi Lei, auch unter dem Namen Chili bekannt, würde 1981 in der Provinz Hebei geboren. Er arbeitet als Künstler und Sänger und hat sich darauf spezialisiert, bizarre und ironische Bilder im des Surrealismus und der Pop-Art zu schaffen, bei denen er Fotografie und Malerei miteinander kobiniert, Er folgt einem interdisziplinären Ansatz mit Elementen aus Malerei, Film, Installationskunst und Mode. Seine Arbeit Red Star Motel (2009) ist eine Serie von Schnappschuss-Szenen, die in identisch ausgestatteten Räumen eines billigen Motels in Beijin angesiedelt sind und von den Freunden des Künstlers gespielt wurden. Die Idee gib teilweise auf die Arbeit Room 107 des Amerikaners Lyndon Wade zurück, auch wenn alle Details des Motels chinesische sind. Die einzelnen Szenarien sind durch sorgfältig plazierte visuelle Hinweise miteinander verknüpft. Chi lebt und arbeitet in Beijing.“ Li Qi
Mit Blick auf die Schenkung grosser Teile der Sammlung Sigg an das neu entstehende M+ Museum for visual culture im West Kowloon Cultural District, Hong Kong, bietet Bern der chinesischen Gegenwartskunst erneut eine prominente Plattform. Durch die Beteiligung des Zentrum Paul Klee vergrössert sich die Ausstellungfläche, sodass die neueren Kunstströmungen Chinas, auf die sich die Ausstellung «Chinese Whispers» konzentriert, nun in den beiden grossen Berner Kunstinstitutionen auf mehr als 4’000 m2 Ausstellungsfläche zu erleben sind.
Die aktuelle Ausstellung wird von Kathleen Bühler, Kuratorin für Gegenwartskunst am Kunstmuseum Bern kuratiert. Der Katalog entstand in enger Zusammenarbeit mit den Spezialisten des M+ in Hong Kong. 2017 reist die Ausstellung in komprimierter Form an das renommierte MAK, Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst, in Wien. Beim Berner Projekt «Chinese Whispers» handelt es sich um die erste grosse Kooperation der Berner Kunstinstitutionen in ihrer neuen Ära unter der Dachstiftung Kunstmuseum Bern – Zentrum Paul Klee.
Weitere Informationen:
Zum Katalog:
Chinese Whispers: Neue Kunst aus den Sigg und M+ Sigg Collections
Prestel-Verlag