Zu wenig freie Fläche, verhindern die Entwicklung von Qualität
Die Gruppe mit dem blauen Vogel als Erkennungszeichen sind mittlerweile etablierte Künstler in München. Den Kern des kreativen Teams bilden die drei Künstler Sanz, Zwist und Kult. Die Arbeiten von „Der blaue Vogel“ sind zum Beispiel unter der Donnersbergerbrücke, auf dem Gelände des Kunstparks, vor allem aber an der Tumblingerstraße zu finden. Diese Entwicklung ist aber vor allem in der bayrischen Landeshauptstadt nicht selbstverständlich und braucht einen langen Atem.
In einem Interview mit i-love-urbanart.com beschreibt Robert aka Kult, über die momentane Situation in München für Graffiti- und Streetart-Künstler und über die bisher verpassten Möglichkeiten für München, die sich in vielen Bereichen als weltoffen bezeichnet.
Tumblingerstraße als letzter legaler Raum für Streetart- und Graffiti-Künstler
München ist zweifellos eine reiche Stadt, aber so verheerend wie hier, im Bezug auf freie Flächen, ist es kaum sonst in deutschen Großstädten. Außer der Tumblingerstraße gibt es kaum Möglichkeiten für junge Künstler, mit der Spraydose zu üben und ihr Können zu verbessern und auszubauen.
Natürlich gibt es große Aktionen unter der Donnersbergerbrücke, der Brudermühlbrücke und der Fahrrad-Unterführung unterhalb des Friedensengels – diese Bilder bleiben meist mindestens ein Jahr bestehen und als Künstler muss man schon die Veranstalter kennen und eine gewisse Qualität vorweisen können, um mit von der Partie zu sein.
Verlorene Bilder für München
Daher ist es kaum verwunderlich, dass Künstler außerhalb der Stadt nach Entfaltungsmöglichkeiten suchen. Kunstwerke, die auch München gut zu Gesicht stehen würden, finden sich daher hauptsächlich in anderen Städten. Immerhin sprechen wir hier von einer Kunstrichtung, die in den letzten Jahren auch auf dem internationalen Kunstmarkt für viel Aufsehen und für finanzielle Rekordergebnisse sorgte – und hier sind nicht nur Arbeiten von Banksy und Shepard Fairey gemeint.
Münchner Kunst-Talenten, die sich etablieren und weiterentwickeln wollen, um später vielleicht von ihrer Kunst zu leben, bleibt oft nur eine dauerhafte Abwanderung.
Chancen durch Zusammenarbeit mit der Politik
Immerhin hat sich die verheerende Situation auch schon bei einigen Vertretern der städtischen Politik rumgesprochen. Frau Sabine Nallinger und Herr Martin Arz haben sich zu diesem Thema gegenüber i-love-urbanart.com bereits geäußert und Handlungsbedarf festgestellt. Bleibt abzuwarten, was nach der kommenden Wahl am 18. März passieren wird.
Wichtig wäre ein Dialog zwischen Künstlern und Entscheidungsträgern. Auf der einen Seite müssen die Sorgen und Nöte gehört und verstanden werden, auf der anderen Seite gemeinsam nach tragbaren Alternativen gesucht werden.

Ein gutes Beispiel für erfolgreiche Eigeninitiative ist dieses Projekt in Milbertshofen. Das Gebäude stand leer und zum Abriss bereit. Nachdem der Eigentümer ausfindig gemacht und davon überzeugt wurde, das Haus zum Bemalen frei zu geben, wurden einige Künstler unter anderem Zwist und Kult, eingeladen und konnten starten. Allerdings benötigt man nicht nur einen langen Atem bis zum finalen Ok, sondern auch eine Menge Glück und Fingerspitzengefühl, um die Hausbesitzer vom künstlerischen Vorhaben zu überzeugen.

Während eines Besuchs der türkischen Metropole Istanbul gelang es den beiden Münchnern Künstlern Zwist, Kult und dem Berliner Maso, den Eigentümer davon zu überzeugen, die triste, graue Wand bemalen zu lassen. Als Motiv wählten sie eine Ansicht Istanbuls von oben. Solche spontanen Zusagen und „Mut“ ist in München leider selten zu finden, meint Robert.
Ebenfalls spontan entstand die Erweiterung dieser Kollage. Die Offenheit und Toleranz der Bewohner Istanbuls ermöglicht eine Zusammenarbeit verschiedener Künstler und Nationen sowie die Kombination verschiedener Motive zu verschiedenen Zeiten.
Der Seiltänzer – eine spontane Arbeit an der Halfpipe in Trudering

Auftragsarbeit zu den X-Games in München 2013. Der Veranstalter kam auf die Künstlergruppe „Der blaue Vogel“ zu und engagierte sie, mehrere Stellwände für das Event zu gestalten. Um in den Fokus von interessierten Auftraggebern zu kommen, ist eine Qualität nötig, die nur durch häufiges und konstantes Üben erlangt werden kann. Die Gruppe ist sich dessen durchaus bewusst und fordert daher, dass die Stadt München ausreichend „Mal- und Verwirklichungsgrund“ zur Verfügung stellt.
Nur so ist es möglich, dass auch Künstler ihr Talent entdecken und ausbauen. Ohne geeignete Voraussetzungen bleibt meist nur noch die Option, die Stadt zu verlassen oder Talente brachliegen und „einstauben“ lassen.
Mehr Information zu „Der Blaue Vogel“:
http://www.urbanartteam.blogspot.de