ANYTHING TO DECLARE?
THINKING OUTSIDE THE BORDER
Vorankündigung: 16. Dezember 2022 bis 15. Januar 2023
Auditorium der Deichtorhallen Hamburg
Über HYPHEN-LABS
Hyphen-Labs ist ein im Äther beheimatetes Design-Duo, das von Ece Tankal und Carmen Aguilar y Wedge geleitet. Hyphen-Labs erforschen Absurditäten, Fantasien und Zufälle an der Schnittstelle von Technologie, Kunst, Wissenschaft und Zukunft. Zwischen dem Tiefgründigen und dem Absurden bieten ihre Arbeiten Überlegungen zu den Beziehungen digitaler Plattformen und der physischen Welt und dazu, wie Kunst als Instrument der Intervention und Immersion eingesetzt werden kann.
Mit ihrem Hintergrund in Architektur und Ingenieurwesen nutzen Ece und Carmen neue Technologien nicht nur als Werkzeuge, sondern als gesellschaftliche Apparate, um unsere Spezies auf alternative Weise zu organisieren und die Grenzen von Materialität und Vorstellungskraft zu überarbeiten.
Hyphen-Labs leben und arbeiten in London, Vancouver und San Francisco.
Mehr Infos unter: https://www.hyphen-labs.com

Zur Ausstellung:
Was ist eine Grenze? Was macht eine Grenzziehung aus? Welchen Verläufen folgen diese von Menschen geschaffenen Linien, wie verändern sie sich? Wie und wen schränken sie ein oder grenzen sie aus? Wo sind sie porös, wo sind sie durchlässig?
Im Rahmen der zweiten Season des Residenzprogramms laden wir Künstlerinnen dazu ein, sich mit ihrem Freiheitsbegriff und den damit verbundenen Grenzen auseinanderzusetzen. Dabei erhalten drei Künstlerinnen die Möglichkeit, an der Schnittstelle zwischen Kunst und Technologie zu experimentieren, zu forschen und zu spielen – im Spannungsfeld zwischen Poetik, Imagination, Politik und Bewegung. Diese Residency soll eine Antwort sein auf die Grenzen, die uns aufgezwungen werden, eine Reaktion auf die grenzüberschreitende ökologische Bewegung und selbst auf die Schwerkraft, die uns festhält. Sie befasst sich mit den Fragen „Wohin kann mein Körper gehen?“ und damit, wie Technologie uns einerseits hilft aber auch gefangen hält.

Eine Grenze ist ein relativ neues Konzept. Früher bildete ein großer Schutzwall um eine Nation herum die geografischen Grenzen, die in der jüngeren Vergangenheit durch Kriege, Kolonialisierung oder „gegenseitige Abkommen“ festgelegt wurden. Klar definierte und demarkierte Grenzen „regulieren“ und versuchen, die Bewegung von Tieren, Waren und Menschen mit einem Mobilitätsbuch (Pass) zu kontrollieren, das auf dem Geburtsort und der geografischen Bedeutung dieses Ortes für die Weltwirtschaft basiert. Dieses Konzept soll auf drei verschiedenen Ebenen untersucht werden: Grenze als Körper, Landschaft und Nation.
Als einheimische oder invasive Hybride durchqueren unsere Körper Grenzökologien und Infrastrukturen, die einen ungezügelten Kapitalismus befeuern, welcher die Spaltung systematisch verstärkt. Unser dauerhafter Status als Einwanderer*innen gibt uns die einzigartige Möglichkeit, zu hinterfragen: Wie existieren die Waren, die wir produzieren, konsumieren und erwerben, unsere Sprachen und selbst unsere körpereigenen Grenzen im physischen und digitalen Raum?

In gemeinsamer Arbeit setzen wir unseren Kurs fest, träumen über die Grenzen hinaus und greifen über, um und durch diese neuen Topografien hindurch. Wir werden unsere Denken darüber, wie unsere Lebenswelt uns definiert und einschränkt, und welche Regeln wir befolgen, brechen oder neu erschaffen wollen, herausfordern.
Anlässlich der Season ANYTHING TO DECLARE? THINKING OUTSIDE THE BORDER werden interdisziplinäre Workshops, Künstlerinnengespräche und Meet Ups stattfinden, um den thematischen Diskurs zu öffnen. Gemeinsam können Künstlerinnen und Besucher*innen erforschen, wie wir uns zu unserem Zuhause, zu Orten, Räumen und URLs hin- und wieder fortbewegen, indem gemeinsam ungewohnte Alternativen der Zugehörigkeit entworfen werden.
Über die Künstler:innen
LIVA DUDAREVA
Liva Dudareva (*1984) interessiert sich für mineralische Spekulationen und von Menschen geschaffene geologische Formationen, die durch industrielle und extraktive Prozesse entstanden sind. Lithische Formationen, die wir in Zukunft als Techno-Fossilien betrachten könnten.
In ihren Arbeiten thematisiert Dudareva nicht nur neue materielle Realitäten, sondern auch die darum entstehenden Mythen: Von Kristallen, die in elektronische Chips und Flüssigkristallbildschirme (LCD) eingebettet sind, bis hin zu künstlich hergestellten Steinen, die angeblich die negativen Auswirkungen von 5G-Strahlung ausgleichen, oder vulkanischen glasartigen Mineralien, die nach der ersten Atomexplosion eine Kruste über der Wüste bildeten.

Ihre Arbeit entsteht an der Schnittstelle zwischen dem Geomedium, der geologischen Formation, und den Geomedien, den Darstellungen und Vorstellungen, die sich auf sie beziehen.
Dudarevas forschungsbasierte Praxis bewegt sich zwischen bildender Kunst, Geologie und Welterschaffung.
Die in Lettland geborene Künstlerin mit einem Hintergrund in Landschaftsarchitektur und Urbanismus positioniert die geologischen Themen innerhalb einer größeren geopolitischen Landschaft, in der materielle Realitäten und extraktive Prozesse untersucht werden.
JAZMIN MORRIS
Jazmin Morris ist eine kreative Computerkünstlerin und Dozentin, die derzeit in London lebt. In ihrer persönlichen Praxis und Forschung beschäftigt sie sich mit Repräsentation und Inklusivität in der Technologie. Sie nutzt freie und Open-Source-Tools, um digitale Erfahrungen zu schaffen, die Themen wie Geschlechtsidentität, Race und Macht beleuchten und sich auf die Komplexität der Simulation von Kultur und Identität konzentrieren.

Morris, die als „Tausendsassa“ beschrieben wird, erforscht in ihrer Praxis eine Reihe von Medien, von read.me-Dateien bis hin zu 3D-Animationen. Ihre Praxis nimmt oft die Form von Workshops oder partizipativen Projekten an. Sie ist resistent gegen die zeitgenössische „ausgefeilte“ digitale Ästhetik und hat Spaß an „klobiger Technologie“ und dem „Zusammenkleben ihres Codes“.
Morris ist die leitende Computertutorin im Studiengang Graphic Communication Design am Central Saint Martins und Dozentin für Creative Computing & Digital Outreach am Creative Computing Institute der UAL. Sie gründete und leitet eine erfolgreiche Gemeinschaftsinitiative namens Tech Yard, die Stimmen, die
oft von technischen Entwicklungen ausgeschlossen sind, ermutigt, Fähigkeiten und Selbstvertrauen in diesem Bereich zu erwerben. Morris setzt sich für ein dezentralisiertes Web ein, das Identitäten stärkt, anstatt sie zu behindern. Sie schwärmt immer noch von web.1 und Super Mario 64.
PABLO SOMONTE RUANO
Pablo Somonte Ruano (*Mexiko-Stadt, 1992) arbeitet mit mehrdeutiger Software, generativen Systemen, experimentellen Websites, transmedialen Erzählungen, p2p-Infrastrukturen und ungewöhnlicher Musik. Er interessiert sich für Themen wie strukturelle Gewalt, mutualistische Ökonomien, Organisationstheorie, freie Software, Gemeingüter, dekoloniale Aktionen, Feminismus, Spiele, Meme und Sprache.

Zurzeit ist Ruano im MA-Programm für Theorie, Technologie und Design an der Hochschule für Künste Bremen eingeschrieben. Er arbeitet als Design Lead für Neighbourhoods, ein Framework für ‚Groupware‘, das auf Holochain aufbaut und es Gemeinschaften ermöglicht, sich durch kollektive Sinnfindung zu koordinieren.
Ruano ist Teil von XORG, einem Forschungskollektiv, das aus der Economic Space Agency (ECSA) hervorgegangen ist und die Überschneidungen zwischen Spielen und Organisationen erforscht. Er macht auch Musik für sein persönliches Projekt Párvulos sowie im Duo mit Nicolò Cervello namens Actual Occasions.
In der Vergangenheit hat er mit den Filmemachern Nicolas Gutierrez, Analía Goethals und Santiago Mohar bei DERIVA.MX zusammengearbeitet, einem transmedialen Kollektiv, das strukturelle Gewalt in Mexiko durch Kino, Partizipation und automatisierte Montage erforscht.
Er hat seine künstlerische Arbeit in kollektiven Ausstellungen und auf Festivals in verschiedenen Städten in Mexiko und Deutschland gezeigt.
Informationen zur Ausstellung: deichtorhallen.de