Kalifornien sah offenbar in früheren Tag, als die Bilder laufen und die Autos fahren lernten ganz anders aus. Heute ist von der durchgeknallten, aber durchaus liebenswerten Architektur die in den 20er Jahren bis in die 50er und 60er Jahre des 20sten Jahrhunderts rund um die junge Metropole Los Angeles aus dem Boden sprossen, wenig bis gar nichts mehr zu sehen. Von diesen „Wunder-Bauten“, die selbst auf schwarz / weiß -Fotografien nichts an Humor, Kuriosität und Charme einbüßen, erzählt das wunderbare Buch „California Crazy“.

Architektonisches Paralleluniversum
Den Beginn nahm die wundersame Bauweise als Folge der Automobilisierung an den Straßenrändern Kaliforniens. Die Gebäude sollten mit allen Mitteln die Aufmerksamkeit der vorbeifahrenden potenziellen Kundschaft auf sich ziehen.
Tankstellen in der Gestalt riesiger Flugzeuge, Fotogeschäfte, die wie gigantische Kameras aussahen, Motels, einem bizarren Paralleluniversum entsprungen, rangen um die Gunst der Konsumenten. Auch Imbissbuden und Restaurants machten vor irrwitziger Architektur nicht halt: Monströse Donuts und Hotdogs, gigantische Kaffeetassen, Teekessel und Sixpacks, Monsterschweine und Riesenfische warteten auf hungrige Gäste.
Dazu kamen zahllose überdimensionierte Hunde, Rieseneulen, Megaunken und von Natur aus großwüchsige Dinosaurier, deren vollklimatisierte Bauchhöhlen zum Verzehr von Ice Cream, Donuts, Hamburgern und Pancakes mit Ahornsirup einluden.

Freakshow am Straßenrand
Eine Freakshow des architektonischen Wildwuchses, die für jeden dienstbefliessen, deutschen Bauamtsleiter ein wahrer Albtraum sein mag, aber für all die Unglückseligen, die im uniformen amerikanischen Suburbia oder dem German-Satteldach-Horror des Reihen- und Siedlungshauses aufwachsen mussten, ein erlösender Ausbruch aus dem Terror der Konformität und eine befreiende Party links und rechts der Straße darstellte.

Fundgrube exzentrischer Novelty-Architektur
Aus dieser erweiterten Neuauflage von Jim Heimanns Klassiker zur Pop-, Camp-, Fun- und Trash-Architektur an den Straßen Kaliforniens atmet der benzin- und frittierfettgeschwängerte und auch mal zuckerwattrige Geist der Freiheit, schrill, bunt, naiv und überaus bizzar. Erweitert um eine Vielzahl neuer Bilder von surrealen und halluzinatorischen Attraktionen am Straßenrand, ist dieser Band eine Fundgrube für alle Fans exzentrischer Novelty-Architektur und gestattet einen tiefen Blick in die Psyche einer autoverrückten Gesellschaft.
Details zum Buch:
California Crazy. American Pop Architecture | Taschen Verlag
Jim Heimann
Hardcover, 21 x 28,5 cm, 324 Seiten