Der Literaturverführer von Frank Berzbach ist eine Erzählung, der mir zugegebenermaßen, sehr nahe gegangen ist. Weniger wegen der dramatischen oder ergreifenden Schilderungen aus dem Leben des Autors als vielmehr wegen den Erinnerungen an Bücher, die ich schon im Laufe meines Lebens lesen durfte und die Situationen, die diese Bücher begleiteten.
Trotzdem lässt das Buch den Leser nicht nur in der Vergangenheit schwelgen und bestärkt ihn im Wissen, als lesender Außenseiter genau das Richtige zu tun – Berzbach hält auch eine Menge neue Vorschläge und Empfehlungen aus der Welt des geschriebenen Wortes bereit (jedenfalls für mich!). Bereits während der ersten Seiten meiner Lektüre – passenderweise im Zug – musste ich mit einer kleinen Liste mit erwähnten und besprochenen Büchern beginnen, die ich mir vornahm zu lesen. In diesem Sinne: Achtung! Es könnte eng werden im heimischen Bücherregal!

Dabei soll die „Kunst zu lesen“ keine Bucket List von Büchern und Literatur bieten, die man unbedingt in seinem Leben gelesen haben sollte, bevor…. Das wäre zu trivial!
Es geht um Frank Berzbachs rein subjektive Sicht auf Geschriebenes; darum den Leser mitzunehmen, in seine eigene Welt der Literatur mit Abstechern in die Welt der Musik, die wiederum sein Lesen beeinflusst. Berzbach lässt den Leser Anteil nehmen an seinen Erlebnissen, Erfahrungen und Empfindungen bei einzelnen Titel und ist sich sehr wohl bewusst, dass jeder seiner Leser einen anderen Weg einschlagen wird auf seiner eigenen Lesereise. So ist wohl auch die Liste von „101 Bücher meines Lebens“ am Ende des Buchs zu verstehen.
Lektürevorlieben sind immer subjektiv
Trotzdem oder gerade deshalb wird sich ein Buchmensch im Buch „Die Kunst zu lesen“ wiederfinden und sich wohl fühlen.
„Dabei werde ich mich wenig um allgemeine Erwägungen kümmern, nicht an Bildungsprogramme denken oder einen neuen Kanon – Lektürevorlieben sind subjektiv. Aber in der Welt der Bücher bemerken wir auch: Subjekte sind nicht immer so unterschiedlich wie wir meinen. Ich glaube, die Gemeinsamkeiten unter Buchmenschen überwiegen, ohne Rücksicht auf Alter, Kultur oder Geschlecht. Sich unter Buchmenschen zu bewegen verbindet.“
Frank Berzbach
Literatur aus aller Welt, findet seine Erwähnung – von Japan bis in die hessische Provinz -, ebenso die beste Methode, sich dicken Büchern oder speziellen Genres zu nähern; auch über den Autor selbst, erfahren wir eine ganze Menge. Erinnerungen und Sehnsüchte teilt Frank Berzbach offen mit dem Leser und gibt somit einen sehr intimen Einblick in sein Leben und macht den Leser zum Mitwisser und Verbündeten.

Frank Berzbach unterrichtet Kreatives Schreiben und Philosophie an der TH Köln, lebt aber nicht nur dort, sondern auch auf St. Pauli, für das sein Herz schlägt, in einem Büro eines Cafés. Irrungen und Wirrungen des Lebens brachten ihn über das Dasein als Fahrradkurier zur Philosophie und der Literaturwissenschaft.
Ebenso unkonventionell wie sein Lebensentwurf mutet die Zusammenstellung seiner Vorlieben an: Bücher – natürlich!, Musik, Tee, Tätowierungen und analoge Schreibgeräte.
Neben der auffälligen Haptik und Optik des Buches (ein Großteil des Titels ist durch den Schutzumschlag geschwärzt), sind die wunderbaren Illustrationen von Ada Romanova hervorzuheben, die ihren Anteil dazu beitragen, das Werk zu einem ganz besonderen Buch für Bücherfreunde und Buchmenschen zu machen.
Über das Buch:
Titel: Die Kunst zu lesen – Ein Literaturverführer
Autor: Frank Berzbach
Verlag: eichborn