Die Vorreiterrolle, die München in den 90er Jahren und Anfang des neuen Jahrtausends im Bereich Graffiti und Streetart in Deutschland spielte, hat es mittlerweile eingebüßt. Leider ging damit auch ein Schwund an Akzeptanz innerhalb der Kunst-Szene einher.
Beim Thema Alternative Kunst und Kunst der Straße spielt München keine Rolle mehr. Ältere Künstler schwelgen in Erinnerungen und jüngere Nachwuchskünstler aus München ziehen in liberalere und dadurch attraktivere Städte um.
Doch ist Münchens Subkultur nicht dem kompletten Verfall geweiht. In der letzten Zeit ist wieder Bewegung in die Stadt und in die Szene gekommen und auch auf der politischen Ebene wird umgedacht. Nicht nur findet diese alternative Form der Kunst mittlerweile mehr und mehr Beachtung, sie kommt auch nach und nach aus der Schmuddelecke heraus und wird nicht mehr nur als reiner Vandalismus und als Rauditum abgetan.
Neben den bisher freigegebenen Wandflächen an der Tumblingerstraße, an der Brudermühlbrücke und der Donnersberger Brücke wird weiter laut darüber nachgedacht und auch gefordert Graffiti aktiv zu fördern und zu unterstützen.
Hierzu äußerte sich Sabine Nallinger, die Oberbürgermeister-Kandidatin 2014, gegenüber dem Blog i-love-urbanart.com:
„Erst im September habe ich mit meinen FraktionskollegInnen beantragt, Streetart in München weiter zu fördern.
Wir möchten mehr legale Flächen, die in einer Art Flächenpool „gesammelt“ werden. Für die Nutzung von Flächen im Besitz der Stadt wäre für die KünstlerInnen eine vermittelnde und beratende Stelle im Kulturreferat oder bei der Kommission für Kunst am Bau sinnvoll. Ausserdem haben wir beantragt, dass das Kulturreferat prüft, ob in München in Kooperation zwischen Szene und Kulturinstitutionen (wie Lenbachhaus, Villa Stuck, Pinakothek der Moderne), nach dem Vorbild vieler europäischer Metropolen ein Street Art Festival ausgerichtet werden könnte, bei dem lokale Szene und international renommierte KünstlerInnen zusammenwirken.
Mit dieser Initiative möchten wir einerseits die Bedingungen für die KünstlerInnen verbessern, aber auch die Aufmerksamkeit verstärkt auf Streetart lenken.
Mich persönlich freut sehr, dass diese urbane Kunstform immer mehr Anerkennung findet und auch in renommierten Museen
gezeigt und auf dem Kunstmarkt hoch gehandelt wird. Das soll auch in München so sein. Denn München war tatsächlich früher mal ein Zentrum der Graffiti-Szene.
Gleichzeitig ist Streetart für mich auch eine wichtige Ausdrucksform der Jugendkultur. Das Vorhandensein von mehr legalen Flächen – gerade für jugendliche Sprayer – könnte auch die Konflikte um illegales Graffiti verringern.
Außerdem würde es der Stadt gut stehen, wenn mehr freie Kunst im Öffentlichen Raum sichtbar wäre. – Wenn ich in der Stadt unterwegs bin, sehe ich immer wieder Unterführungen oder Brücken, die Kunst gut vertragen könnten. Kürzlich hat eine Giesinger Schule die Unterführung an der Ichostraße gestaltet. Die Unterführung hat nur profitiert! Die jugendlichen Künstler – denke ich – auch. Auch Gebäude, die abgerissen werden sollen, könnten temporär als „Leinwand“ für Kunstwerke im öffentlichen Raum dienen. Die Stadt und die Streetart-Szene würde das jedenfalls bereichern und beleben.“
Der Blog i-love-urbanart.com bedankt sich für den Beitrag bei Sabine Nallinger.
Weitere Informationen zu Themen, die Sabine Nallinger bewegen: sabine-nallinger.de
Zur Person in aller Kürze: Sabine Nallinger, geboren 1963 in Stuttgart.
Als Grünen-Politikerin kandidiert sie 2014 für das Amt des Oberbürgermeisters
in der bayrischen Landeshauptstadt München.
Aus Überzeugung trägt sie Verantwortung für die Gesellschaft, war unter anderem
aktiv in der Friedens- und Anti-Atomkraftbewegung.
Besonders setzt sie sich für energie- und verkehrspolitische Themen ein und findet sich
in ihrer Freizeit bei interkulturellen Jugendprojekten wieder.
Die zweifache Mutter arbeitet als Stadt- und Verkehrsplanerin“.