26. August 2022 bis 15. Januar 2023 in der Kunsthalle München
Die Kunsthalle München zeigt mit JR: Chronicles die bisher größte Retrospektive des französischen Künstlers JR (*1983) in Deutschland.
Seine Ausstellungsorte sind eigentlich die Straßen dieser Welt. Dort erregt er auch Aufmerksamkeit bei jenen, die sonst keine Museen besuchen. Berühmt wurde JR durch Fotografien unbekannter Personen, die er zum Teil in monumentalen Formaten
auf Häuserfronten, Eisenbahnzüge, Containerschiffe oder Grenzmauern plakatiert. Im Fokus stehen oft Menschen, deren Würde und Rechte übergangen werden. Ihnen verleiht JR mit seiner Kunst auf ebenso scharfsinnige wie einfühlsame Weise Sichtbarkeit. Seine wahre Identität hält JR bewusst geheim, firmiert nur unter seinen Initialen und tritt stets mit Sonnenbrille und Hut auf. Im
Vordergrund steht nicht seine Person, sondern seine Werke; deren Interpretation überlässt er den Porträtierten und den Vorbeigehenden. Mit seiner Arbeit möchte JR keine Antworten vorgeben, sondern vielmehr Fragen aufwerfen und die Menschen zum Dialog anregen.
Anhand von ausgewählten Fotografien, Videos, Modellen und großflächigen Plakatierungen (Pastings) macht die multimediale Ausstellung, welche vom Brooklyn Museum organisiert wurde, JRs nur auf begrenzte Dauer angelegte Projekte nochmals erlebbar. Für die Kunsthalle München entwirft JR zudem ein Trompe-l’Œil, das die Museumsmauern zu durchbrechen scheint und den Blick auf sein eigentliches Tätigkeitsfeld, den urbanen Raum, öffnet.
»Ich besitze die größte Galerie der Welt – die Mauern der Stadt!«
JR
Bis heute…
Bereits mit 18 Jahren begann JR, Aktionen von befreundeten Graffiti-Künstler:innen und Jugendlichen zu fotografieren und im öffentlichen Raum auszustellen: Für Expo 2 Rue (2001–04) plakatierte er Papierkopien seiner Bilder an verschiedenen Orten in und um Paris und verschaffte seiner Community damit Sichtbarkeit in der Stadt. In Portrait of a Generation (2004–06) rückte er
zusammen mit seinem Freund, dem Filmemacher Ladj Ly, Jugendliche aus den Sozialwohnanlagen der Pariser Banlieues in den Mittelpunkt. Auf den Porträts verziehen sie ihre Gesichter zu skurrilen Fratzen, um auf die klischeehafte und vorurteilsbehaftete Darstellung junger Menschen aus sozialen Brennpunkten in den Medien aufmerksam zu machen.
Ab Mitte der 2000er-Jahre erweiterte JR seinen Wirkungskreis mit Projekten in der ganzen Welt. Seine erste Reise führte ihn 2005 nach Israel und Palästina. Dort fotografierte er Menschen, die denselben Beruf ausübten. Face 2 Face zeigte ihre Porträts paarweise, je eine Person aus Palästina und Israel, ebenbürtig nebeneinander in beiden Ländern. Mit Plakatierungen auf der Grenzmauer sowie unter anderem in Bethlehem, Tel Aviv und Jerusalem war es die bis dato größte illegale Fotoausstellung.
Für das Projekt Women are Heroes (2008–14) ging JR anschließend nach Brasilien, Lybien, Sierra Leone, Kenia, Indien und Kambodscha, wo er mit seinen Pastings die Rolle von Frauen als Stützen der Gesellschaft würdigte. In mehreren Städten, darunter Shanghai, Havanna und Berlin, widmete sich JR in The Wrinkels of the City (2008–15) der älteren Generation, deren
Falten – ebenso wie die Fassaden der Häuser, auf die er ihre Bildnisse plakatierte – von gelebter Geschichte zeugen.
Immer wieder geht es JR auch um das Überwinden von physischen Grenzen. Sei es 2017 mit Giants, Kikito, bei welchem die überdimensionale Fotografie eines Kleinkinds aus Mexiko neugierig über den Grenzzaun Richtung USA blickt, oder in einer seiner jüngsten Unternehmungen, Tehachapi (2019–20), bei der er gemeinsam mit den Insassen eines kalifornischen
Hochsicherheitsgefängnisses ein Projekt umsetzte.
Den zentralen Raum der Ausstellung nehmen JRs Chronicles ein: raumgreifende, aus hunderten Porträts zusammengesetzte Fotocollagen, die den Facettenreichtum der Menschen anzudeuten versuchen, die in all ihrer Unterschiedlichkeit die komplexe Gemeinschaft einer Community oder einer Stadt ausmachen.
Inside Out
Im letzten Raum der Ausstellung wird mit Inside Out eines der größten partizipativen Kunstprojekte der Welt präsentiert. Seit seinem Start 2011 nahmen mehr als 400.000 Menschen in knapp 140 Ländern daran teil. Das Projekt unterstützt Initiativen von Privatpersonen und Institutionen dabei, ihren Anliegen Sichtbarkeit und Aufmerksamkeit zu verschaffen.
Im September 2022 machte im Rahmen der Ausstellung einer von JRs zum mobilen Fotostudio umgebauten Trucks an verschiedenen Orten in München Halt. Alle Münchner:innen waren dazu eingeladen, für das Projekt Kunst & Kultur für alle Gesicht zu bekennen. Ihre Porträts wurden im Truck aufgenommen, gedruckt und vor Ort direkt plakatiert. Weitere Informationen zum Projekt sind demnächst unter www.kunsthalle-muc.de verfügbar.
Die Ausstellung wurde organisiert vom Brooklyn Museum, New York. Sie wurde kuratiert von Sharon Matt Atkins, Deputy Director for Art, und Drew Sawyer, Philip Leonian und Edith Rosenbaum Leonian Curator, Photography, Brooklyn Museum.
Über die Kunsthalle München
Mit rund 350.000 Besucher*innen jährlich ist die Kunsthalle München eines der renommiertesten Ausstellungshäuser Deutschlands. Hier, im Herzen der Münchner Innenstadt, werden pro Jahr drei große Ausstellungen zu den unterschiedlichsten Themen gezeigt. Rund 1.200 m² Ausstellungsfläche sind mit modernster Museumstechnik ausgestattet und bieten Kunstwerken
verschiedenster Gattungen eine würdige Plattform, sei es Malerei, Skulptur, Grafik, Fotografie, Kunsthandwerk, Design oder Mode. Monografische Ausstellungen und thematische Projekte wechseln sich dabei ab, aber auch interdisziplinäre Ansätze finden im vielseitigen Programm der Kunsthalle München ihren Platz.
Kontakt:
Kunsthalle der Hypo-Kulturstiftung
Theatinerstraße 8 | 80333 München
T +49 (0)89 / 22 44 12 | kontakt@kunsthalle-muc.de
www.kunsthalle-muc.de