Pieter Bruegel der Ältere (um 1526/30–1569) stellt selbst nach fast einem halben Jahrtausend – genauer: nach 450 Jahren – ein großes Rätels für uns dar. Seine Bilder und seine Themen fasziniert und schockieren, geben sie uns doch einen direkten Einblick in das Leben der frühen Neuzeit und des vergangenen Mittelalters. Das war Grund genug für den Taschen Verlag anlässlich seines 450sten Todestages und der „weltweit ersten monografischen Ausstellung im Wiener Kunsthistorischen Museum“ ein umfassendes und überaus detailreiches Buch über die Werke Bruegels herauszubringen.
Ein Künstler als Zeuge der Konfessionskriege und der Inquisition
Der Umfang dieses gewaltigen Bands ist notwendig, da nicht nur die Arbeiten, sondern die komplette Existenz Pieter Bruegels d. Ä. Rätsel aufgeben. Fakt ist, dass der flämische Künstler in einem Zeitalter lebte, das geprägt war von blutigen religiösen und politischen Konflikten. Er wurde Zeuge der Konfessionskriege, des Beginns der grausamen Herrschaft des Herzogs von Alba als Statthalter der Spanischen Niederlande und der Gräuel der Inquisition.

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Ausstellung
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Der Revolutionär: Kirchenkritiker und „Antikriegskünstler“
Jürgen Müller zeigt mit „Pieter Bruegel. Das vollständige Werk“ den Flamen als einen Künstler, der sich mutig mit seiner komplizierten und gefährlichen Zeit auseinandersetzte. Durch eigene Denkansätze gelangte der Künstler zu neuen Bildfindungen und schuf ungewöhnliche Lösungsansätze.
„Die Kreuzigung Christi – da fällt mir ein Bild ein, ein altes, ein Breughel: – alles andere ist da zu sehen, Jäger, die ausziehen, Städte, Vögel, Kinder, die spielen, Äcker und Bauern, die arbeiten, Pferde, Liebende, die spazieren, und man muss es schon suchen, wo eigentlich der Heiland mit seinem Leiden stattfindet, nicht in der Bildmitte, nicht größer als alle die anderen, nicht das Pathos der Mitte, wie wir es in unserem Auge und Herzen so tröstlich gewohnt sind.“ Max Frisch über die Kreuztragung Christi, 1943
Das Besondere war: Er versuchte nicht, seine Wirklichkeit zu verklären, sondern thematisierte die Grausamkeit der Religionskriege und zeigte sich kritisch gegenüber dem Alleinvertretungsanspruch der katholischen Kirche – in Zeiten der Inquisition kein ungefährliches Unterfangen! Zu seinem Schutz entwickelte Bruegel eine subtile, anspielungsreiche Bildsprache, die seine politischen und religiösen Ansichten verschleiern sollte. So sind besonders die Wimmelbildern interessant, die den Betrachter dazu reizt, die versteckten, hintergründigen Botschaften in den scheinbar harmlosen Alltagsszenen zu entdecken.

Während die frühe Forschung den volkstümlichen Charakter von Bruegels Malerei und Grafik betonte, stellen aktuelle Untersuchungen den humanistischen Gehalt seines Schaffens ins Zentrum. Die Anfänge des Malers gehen mit seiner Arbeit für den Verleger Hieronymus Cock einher. Bruegel entwarf zahlreiche originelle und grafische Bilderserien, die mit Erfolg in ganz Europa vertrieben wurden. Zu Darstellungen von Tugenden und Lastern gesellten sich lebhafte Bauernfeste sowie eindrucksvolle Landschaftspanoramen. Im Laufe seiner Karriere konzentrierte sich Bruegel immer stärker auf die Malerei und schuf vor allem Werke für die kulturelle Elite Antwerpens und Brüssels. Mehr Infos und Hintergründe: HIER

Für die Monografie von Jürgen Müller und Thomas Schauerte wurde eigens eine Fotokampagne durchgeführt. Diese zeigt in Gesamtaufnahmen sowie großartigen Details das Werk dieses Ausnahmekünstlers in bisher unbekannter Nähe. Es werden hier insgesamt 40 Gemälde, 65 Zeichnungen und 89 Kupferstiche ausführlich behandelt und entlarven Bruegel als einen überaus zeitkritischen Künstler und „ebenso scharfsinnigen wie unterhaltsamen Kommentator einer von politischen, sozialen und religiösen Umbrüchen geprägten Zeit“.
Details zum Buch
Pieter Bruegel. Das vollständige Werk
Jürgen Müller, Thomas Schauerte
Hardcover mit Ausklappseiten, 29 x 39,5 cm, 492 Seiten
Taschen Verlag