Der mittlerweile 5te Band „Illustration Now“ aus dem Taschen Verlag überzeugte mich, zugegebenermaßen, erst auf den 2ten Blick. Aber dann mit voller Wucht! Denn die subtilen Details und versteckten Anspielungen fallen dem Betrachter erst bei näherer Betrachtung und intensiverer Auseinandersetzung mit den Illustrationen auf. Seien es die wimmeligen, genialen Arbeiten des Schweden Matthias Adolfsson, die ausgearbeiteten Tätowierungen bei Caleb Morris aus den USA oder aber die erschütternde Exaktheit, mit der Sue Coe, ebenfalls aus den Vereinigten Staaten, Tiere darstellt. Mein Favorit: Die fantastisch-absurden Perspektiven von Rory Kurtz – genial!
Die Liste ließe sich beliebig lange fortführen und ich bin mir sicher, dass auch bei weiterem Durchblättern wieder neue Details und Hintergründe ans Licht kommen und ins Auge stechen.
Überraschen darf einen diese Erkenntnis nur wenig – so schreibt Steven Heller in seinem Aufsatz „Stilwechsel – Illustration ist unsterblich“, der dem Buch Illustration Now 5 vorangestellt wurde:
In der gegenwärtigen neo-narrativen Illustration sind nicht mehr aggressive konzeptuelle „Statements“ angesagt, vielmehr geht der Trend hin zu geistreichen visuellen Storys […], und das verlangt sowohl gegenständliche als auch impressionistische und expressionistische Methoden […].“
Weiter schreibt Heller: „Heute besteht die Aufgabe einer Illustration eher darin, im narrativer Kontext eine Interpretation zu liefern. Sie soll nicht das vor Augen führen, was bereits anschaulich in Worten beschrieben wird, sondern alternative Perspektiven aufzeigen, die die erzählte Geschichte bereichern und eine Zeitschriftenseite […] eine weitere Dimension verleihen.“
So überrascht es nicht wenig immer wieder überrascht zu werden. Der Band gibt einem die Möglichkeit, immer wieder neue Geschichten zu entdecken und Interpretationen anzustellen – oder einfach die Farbigkeit und die Bilder zu genießen.
Steven Heller hat versucht, die Arbeiten aus dem knapp 450 Seiten mächtigen Band Illustration Now 5 unter Überschriften zusammenzufassen und sinnvoll zu gliedern. Dass diese Auswahl rein subjektiv ist, versteht sich von selbst. Letztendlich ist es jedem selbst überlassen, den Kern der Arbeiten zu finden und Gemeinsamkeiten – soweit vorhanden – zu entdecken.
- Absurditäten – das Nebeneinander von unerklärlichen oder beliebigen Objekten
- Beardsleysquerien – Beardsley´sche Ringel- und Lockenfrisuren
- Cleverositäten – Geistreiche Gegenüberstellungen, die den Betrachter stutzen lassen
- Colorphilie – Überraschende, gefällige Farbpaarungen
- Comic Book Revival – Gegenständliche Darstellungen, die sich ans Goldene Zeitalter der Liebes- und Actioncomics anlehnen.
- Flora und Fauna – Grafische Wälder, Gärten und Dschungel à la Rousseau
- Geometrische Schlichtheiten – einfache Formen, kontrastarme Farben und rechter Winkel
- Goofy – liebenswert trottelig
- Ikonische Ikonen – logoartige Piktogramme und Glyphen
- Legere Lockerheit – transparent, lässig, aquarellig
- Magischer Realismus – surrealistische Fantasy-Welten
- Noir light in Farbe – Edward Hopper des 21. Jahrhunderts
- Vignettierte Sinfonik – Orchestrierte Miniaturen
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