Noch bis zum 24. Januar 2016 zeigt das Kunstfoyer in München 245 grandiose Fotografien von Sebastião Salgado unter dem Titel „Genesis„.

Die Ausstellung, kuratiert von Lélia Wanick Salgado, der Ehefrau des Foto-Künstlers, ist ein Appell und eine dringende Aufforderung zumindest einen Teil unseres Planeten in „seiner Ursprünglichkeit und faszinierenden Diversität“ zu konservieren und zu bewahren.
In der Ausstellung und in dem aufwändigen Bildband (aus dem Taschen-Verlag) werden archaische Vulkanlandschaften, arktische Eismassen, sich durch Urwälder schlängelnde Fluss-Läufe, nebelumhüllte Gebirgsketten und endlose Sanddünen in einer atemberaubenden Intensität gezeigt, die den Betrachter unweigerlich in seinen Bann ziehen.
Genesis – visuelle Hommage an den blauen Planeten
Der Fotograf Sebastião Salgado dokumentiert in opulenten und kontrastreichen Schwarz-Weiß-Fotografien, meist mit einer Leica-Kamera aufgenommen, die überwältigende Schönheit und die Artenvielfalt unberührter Flora und Fauna sowie indigener Völker. Trotz oder gerade wegen des Verzichts auf Farbe wirken die Landschaften und Szenerien unglaublich intensiv und zum Greifen nahe. Sebastião Salgados ästhetisch beeindruckender und großformatiger Bilderzyklus ist das Ergebnis einer langjährigen Expedition mit dem Ziel, über das Medium Fotografie das Bewusstsein für die Kostbarkeit der letzten unberührten Winkel der Erde zu schärfen. Das Buch Genesis „hat die Macht, uns die Augen zu öffnen, uns eine neue Weltsicht vermitteln. Das ist der erste Schritt, um auch unser Verhalten zu verändern.“ (Irina Bokova || Generaldirektorin der UNESCO)

Innerhalb von acht Jahren hat Sebastião Salgado rund 32 Reisen in die entlegendsten Gebieten, mit Hilfe von kleinen Propellerflugzeugen, großen Dampfern und kleinen Kanus, im Heißluftballon oder, wenn nicht mehr anders möglich, zu Fuß, unternommen. Der Künstler und Abenteurer war unterwegs in klimatischen Extremen und unwegsamen Gebieten, fernab jeglicher Zivilisation. Sein Ziel war die noch verbleibenden 46 Prozent unseres Planeten, der bis heute noch von der „modernen Hochkultur“ unberührt geblieben ist. Er fand Gegenden und Orte, die noch wie am „Tag der Schöpfung“ erhalten sind und die sich im Laufe der Erdgeschichte bisher kaum verändert haben. Salgado appelliert eindringlich: „Wir müssen das Bestehen bewahren.“ Das Projekt Genesis und das von Lelia und Sebastiáo Salgado gegründete Instituto Terra setzen sich dafür ein, die Schönheit unseres Planeten zu zeigen, die Schäden, die ihm zugefügt wurden, zu beseitigen und ihn für die Zukunft zu bewahren.

Das Konzept Genesis widmet sich in fünf Kapiteln dem „Planet South“. Hier zeigt der Künstler faszinierende Aufnahmen der Tierwelt der Galapagosinseln mit Seelöwen, Kormoranen, Pinguinen sowie Wale in der Antarktis und im Südatlantik. Im Kapitel „Sanctuaries“ bereist Sebastião Salgado isolierte und artenreiche Zonen wie Madagaskar, Sumatra und West-Papua und porträtiert die Bewohner der Mentawaiinseln sowie den Stamm der Korowai.
In „Africa“ bewegt er sich zwischen Großwild, Dünenwogen, Lava, dem Okavango-Fluss und inmitten des Nomadenvolks der Dinka im Sudan. An den Northern Spaces faszinieren Sebastião Salgado riesige Rentierherden am Polarkreis, die Kamtschatka-Halbinsel, die zerrissenen Bergmassive Alaskas und deren Bewohner. „Amazônia“ präsentiert hunderte Alligatoren und Jaguare an den Flussläufen des Amazonas, Negro und Juruá sowie das Volk der Zo’é im Dschungel Brasiliens.
Erstmals in seinem Œuvre wendet Sebastião Salgado verstärkt seinen Fokus vom Menschen ab und richtet seinen Blick auf die sogenannte „nature morte“ sowie die Tier- und Pflanzenwelt. Formal bestechen seine Fotografien durch feine Schattierungen und Grauabstufungen sowie scharfe Hell-Dunkel-Kontraste. Gerade aufgrund der bewussten, ruhigen Komposition aus klaren Strukturen, Linien und Formen üben seine Bilder eine starke Anziehungskraft aus.

Über den Künstler
Sebastião Salgado, geboren 1944 in Brasilien, gehört zu den sozial engagierten Fotografen in der Tradition der sozialdokumentarischen Fotografie. Der promovierte Ökonom arbeitete als Verwaltungsangestellter für die International Coffee Organisation (ICO) in London und kam erst spät als Autodidakt zur Fotografie – seit 1973 ist er als Fotojournalist von Paris aus tätig. Salgado dokumentiert in selbst ausgewählten, weltweiten Langzeitprojekten mittels Schwarz-Weiß-Fotografien das Leben der Menschen am unteren Ende der Gesellschaft. Er entwickelte früh einen wachen Blick für die prekären sozio-ökonomischen Verhältnisse, unter denen viele Menschen ihr Leben fristen müssen.
Von 1986 bis 1999 widmete er sich hauptsächlich der Dokumentation des Endes des Industriezeitalters sowie der globalen Migration – nicht nur Flüchtlinge und Vertriebene, sondern auch Zuwanderer in den Megastädten der Dritten Welt. Sebastião Salgado, der zunächst in der renommierten Agentur Magnum Mitglied war, verließ diese und vermarktete seine Fotos durch die Agentur Amazonas Images, die er 1994 zusammen mit seiner Frau Lélia Wanick Salgado gründete. Seit den 1990er Jahren engagieren sie sich zusammen für ein Umweltprojekt (InstitutoTerra), das sich um die Aufforstung an der brasilianischen Atlantikküste sowie die ökologische Ausbildung der Landwirte kümmert. Der Fotograf wurde mit zahlreichen Fotopreisen ausgezeichnet – unter anderem mit dem Eugene Smith-, dem Hasselblad- und dem Oskar Barnack-Preis. Er lebt und arbeitet in Paris.
Die Ausstellung „Genesis“ wurde und wird an folgenden Orten gezeigt:
•Natural History Museum, London, UK, 11. April bis 8. September 2013
•Jardim Botânico, Rio de Janeiro, RJ, Brasilien, Mai bis August 2013
•Ara Pacis Museum, Rom, Italien, 9. Mai bis 3. September 2013
•Royal Ontario Museum, Toronto, Kanada, 1. Mai bis 25. August 2013
•Maison Européenne de la Photographie, Paris, Frankreich, 25. September 2013 bis 5. Januar 2014
•SESC Belenzinho, São Paulo, Brasilien, September bis November 2013
•Musée de l’Elysée, Lausanne, Schweiz, 20. September 2013 bis 12. Januar 2014
•The International Center of Photography, New York City, USA, 16. Mai bis 7. September 2014
•Gasômetro, Porto Alegre, Rio Grande do Sul, Brasilien, 22. April bis 29. Juni 2014
•National Museum of Singapore, April bis Juli 2014
•Fotografiska, Stockholm, Schweden, Mai bis September 2014
•Foton, Montréal, Kanada, Juni bis September 2015
Die Ausstellung im Kunstfoyer der Versicherungskammer Kulturstiftung (Maximilianstraße 53, 80538 München) ist
noch bis zum 24.01.2016 zu sehen.
Der Katalog „Genesis“ mit einem Vorwort von Sebastião Salgado, Lélia Wanick Salgado und Irina Bokova (Generaldirektorin der UNESCO) ist im Taschen-Verlag erschienen. Link zum Katalog