Wo fing Kunst an? Wo fand sie ihren Ursprung? Dieser spannenden Frage ging der deutsche Ethnologe Leo Frobenius bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach und stieß die künstlerischen Zeugnisse, die über 20.000 Jahre in die Vergangenheit reichten.
Der Katalog „Urknall der Kunst | Moderne trifft Vorzeit„, erschien begleitend zur gleichnamigen Ausstellung im Hessisches Landesmuseum Darmstadt. Hierin wird in fünf Aufsätzen die abenteuerliche Geschichte des Ethnologen Leo Frobenius und seinen Forschungs- und Entdeckungsreisen in Europa, Asien und Afrika erzählt. Mit zeitgenössischen Fotos, Zeitungsausschnitten und Karten, wird dem Leser die Faszination deutlich, die seine Entdeckungen bei Zeitgenossen geweckt haben muss und schließlich immensen Einfluss auf zahlreiche bedeutende Künstler hatte, diese inspirierte und ihre Arbeiten nachhaltig beeinflusste.
Interpretationen der prähistorische Kunst
An den drei Künstlern Paul Klee, Willi Baumeister und Joseph Beuys, wird exemplarisch verdeutlicht, wie unterschiedlich die Herangehensweisen an die prähistorische Kunst und die daraus entstandenen Ergebnisse sein konnten. Jeder Künstler fand seine eigene Auseinandersetzung mit der Bilderwelt und folglich seine eigene, individuelle Interpretation. Die Identifikation gipfelte vermutlich in der Erkenntnis Beuys`, ein »wiedergeborener Höhlenzeichner« zu sein.
Im Aufsatz von Richard Kuba wird von Alfred H. Barr, dem Gründungsdirektor des Museum of Modern Art (MoMA) in New York berichtet, der die Verbindung zwischen Moderne und Vorzeit erkannte und mit der Sammlung des Forschers Frobenius im April 1937 die erste Ausstellung zu prähistorischer Felsenkunst im MoMA zusammenstellte. Für den deutschen Ethnologen und Direktor des „Instituts für Kulturmorphologie“ in Frankfurt am Main, Frobenius, ging es nicht nur darum, Nachzeichnungen der Felskunst zu sammeln und international auszustellen – er strebte in erster Linie „eine wissenschaftliche Dokumentation zum Nachweis prähistorischer kultureller Entwicklungen in nahezu globalem Maßstab“ an. (Richard Kuba, Seite 10)
Schlüsselerlebnis für Künstler der Modernen
Zum damaligen Expeditionsteam gehörten neben Forschern und Wissenschaftlern auch Künstlerinnen und Künstler. Sie fertigten über 8.000 Zeichnungen und Nachschöpfungen der prähistorischen Gemälde an, da diese der damaligen Fotografie bei der Wiedergabe der prähistorischen Kunst weit überlegen waren. Vor allem für die Künstler der Modernen muss die Entdeckung der Höhlenmalereien ein Schlüsselerlebnis gewesen sein. Viele ließen sich von diesen Uranfängen der Kunst inspirieren.
Neben den bereits erwähnten Joseph Beuys, Willi Baumeister und Paul Klee, waren auch Joan Miró, Pablo Picasso, Hans Arp und André Masson nachhaltig beeindruckt, setzten sich mit der neu-entdeckten Malerei auseinander und übernahmen abstrahierende Darstellungsformen und stilistische Mittel, um „dem anthropologischen Kern der Kunst“ näherzukommen.
Im Buch „Urknall der Kunst“ ist eine reich bebilderter Katalog zu finden, der prähistorische Kunst und die Schöpfungen der Künstler des 20sten Jahrhunderts auf gegenüberstellen.
Der Band wurde für das Hessische Landesmuseum Darmstadt von Martin Faass und Jessica Schmidt herausgegeben und beinhaltet Beiträge von Richard Kuba, Jessica Schmidt, Fabienne Eggelhöfer, Harald Floss und Gabriele Mackert.
Details zum Katalog
Urknall der Kunst | Moderne trifft Vorzeit
Hessisches Landesmuseum Darmstadt
herausgegeben von Martin Faass & Jessica Schmidt
E.A. Seemann Verlag
Ausstellung
Die Ausstellung „Urknall der Kunst“ läuft noch bis zum 25.06.2023 im Hessisches Landesmuseum Darmstadt.
Weitere Infos unter:
https://www.hlmd.de/ausstellungen/aktuell.html
und
06151 3601 200