STREET-ART BRAZIL
Die SCHIRN Kunsthalle Frankfurt präsentiert erstmals in Deutschland die Vielfalt der brasilianischen Graffitikunst im Frankfurter Stadtraum und verändert damit den alltäglichen Blick auf die Stadt.
Im Rahmen der Ausstellung führte Lara Schuh, Volontärin der Schirn Kunsthalle Frankfurt, ein Interview mit dem Streetart-Künstler ZEZÃO durch.
Teil II
Lara: Welche Aussage liegt deinen Arbeiten zu Grunde?
ZEZÃO : Heutzutage mache ich abstrakte Kunst, ich möchte positive Energie an die Stadt zurückgeben, etwas gestalten was Bedeutung hat. Das war nicht immer so. Als ich angefangen habe mit Graffiti, wollte ich möglichst überall meine Tags verbreiten, die Szene in den 90ern war ziemlich klein, wir waren 20 oder 25 Leute in der Szene und wollten berühmt werden. Damals hat kaum jemand in Brasilien Graffitis gemocht, es war eine aggressive Stimmung, wir waren immer in Trouble, sind oft festgenommen worden. Aber wir haben weitergemacht, es war wie ein heimlicher Kampf gegen die Regierung, gegen den Mainstream, die Polizei. Um 2002 herum habe ich mich verändert, ich hatte viele persönliche Probleme, meine Mutter ist gestorben, meine Familie hat nicht verstanden warum ich spraye. Die ganzen Fights mit anderen Crews, der Wunsch berühmt zu sein etc. wurden bedeutungslos. Aber Graffiti war wie Therapie für mich. Ich habe viel an verlassenen Plätzen gesprayt, teilweise auch in der Kanalisation oder ausgebrannten Häusern, nur für mich allein. Viele haben gedacht, ich hätte aufgehört, aber ich wollte einfach nur für mich selbst arbeiten. Meine Gedanken ordnen, darüber nachdenken was ich will, was für mich Bedeutung hat. Ich habe erkannt, dass São Paulo schon aggressiv und kaputt genug ist, ohne dass ich dazu beitrage. Ich wollte etwas Schönes kreieren, etwas machen, was die Leute als positiv empfinden anstatt Street-Art zu hassen. Aber es hat sicher noch bis 2004/2005 gedauert bis die Leute angefangen haben uns zu respektieren, unserer Arbeit etwas Positives abzugewinnen. So habe ich mit den blauen Arabesken angefangen, die die Leute heute von mir kennen.
Lara: Würdest du deine Kunst als einen Teil des Protests in Brasilien betrachten?
ZEZÃO : Ja, auf jeden Fall! Vor ca. 10 Jahren habe ich angefangen in Favelas und anderen kaputten Gegenden meine Graffitis zu malen, um die visuellen Gewohnheiten der Leute dort zu ändern, um Farbe in Gegenden zu bringen, die sonst nur schmutzig und grau sind. Die Leute aus den Favelas, die Obdachlosen und die Kinder mochten meine Kunst. Es wie Medizin für die Leute, wenn etwas Positives, Schönes zu sehen. Sie haben kein Geld, um ins Museum zu gehen oder andere kulturelle Dinge zu machen und die Regierung kümmert sich nicht. Ich mache Kunst für solche „invisible people“, wenn ich in São Paulo oder anderen Megacities in Brasilien bin.
Der zweite Teil des Interview wurde von Lara Schuh, der Volontärin der Schirn Kunsthalle Frankfurt, mit dem brasilianischen Street-Art Künstler ZEZÃO im August 2013 für i-love-urbanart.com geführt.
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